gemeinsam mit dem Zentrum für Konfliktforschung
31.05.2010
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Als wahrhaft glorreiche Halunken erwiesen sich die Architekten der unternehmerischen Hochschule, als sie mittels des so genannten "Bolognaprozesses" einen europäischen Gaul vor ihren Wagen spannten.
Aus einer völlig unverbindlichen Empfehlung der europäischen Bildungsminister zum Europäischen Hochschulraum vom Juni 1999 konnte so in kurzer Zeit ein veritabler Sachzwang für nationalstaatliche Akteure geformt werden.
Das Spiel über die europäische Bande garantiert, dass die Gegner von Bologna automatisch als Feinde der europäischen Integration dastehen. Und das möchte natürlich niemand, schon gar kein weltoffener Hochschulangehöriger. Klar: Die Tradition der ältesten europäischen Universität verpflichtet. So konnte aus dem Gaul in wenigen Jahren ein geräumiges semantisches Containerschiff werden, auf das jeder seine hochschulpolitischen Ziele laden und sie zugleich mit Siegel und Segen einer europäischen Marke versehen konnte. Dieses Schiff ist allerdings im Lauf der Jahre etwas überladen worden und droht nun zu sinken, bevor es den Zielhafen erreicht.
Europa steht tatsächlich am Anfang des Bolognaprozesses, aber ganz anders, als es der handliche Mythos suggeriert. Die Architekten der europäischen Hochschulmisere saßen nämlich gemeinsam am European Roundtable of Industrialists. Gewiss, Bologna ist die älteste Universität Europas, und als solche ein von Hause aus ursprungsmythologischer Ort. Von Kennern des Mittelalters erfahren wir, dass damals in Bologna "die straffe Ordnung einer Lernfabrik" (Arno Borst) herrschte. Auch das klingt durchaus zukunftsweisend für die Epoche der unternehmerischen Hochschule.