gemeinsam mit dem Zentrum für Konfliktforschung
29.04.2002
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Lange Zeit schien es, als sei mit dem Zusammenbruch des real-existierenden Sozialismus auch die Zeit politischer Alternativen zu Ende gegangen. Globalisierung ersetzte den Ost-West-Konflikt als dominierendes Paradigma der politischen Auseinandersetzung. Der Globalisierungsdiskurs begrenzt seitdem den Bereich des politisch Denkbaren und Möglichen. Der vorherrschende Tenor der politischen Debatte: Viel können wir uns nicht mehr leisten an Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit und Demokratie, um nicht zu riskieren, beim globalen Wettrennen geschlagen zu werden.
Um zu verstehen, wieso Globalisierung zu einem so mächtigen Konzept werden konnte, ist es hilfreich, zwei Dimensionen von Globalisierung zu unterscheiden:
Die erste Dimension betrifft die real stattfindende Denationalisierung ökonomischer und gesellschaftlicher Interaktionen: in zunehmenden Maße verlaufen Waren- und Finanzströme, Kommunikation und vieles mehr über Staatsgrenzen hinweg. Gleichzeitig ist die politische Regulierung dieser Prozesse noch weitgehend an Nationalstaaten gebunden. Die Liberalisierung der internationalen Finanzmärkte, sowie des Handels verursacht einen eingeschränkten politischen Handlungsspielraum der Nationalstaaten.
Die zweite Dimension der Globalisierung betrifft seine Macht als diskursive Ressource – eingesetzt von Regierungen und multinationalen Konzernen. Globalisierung wird als finales Argument genutzt, gesellschaftliche Reformen zu rechtfertigen oder als unausweichlich zu charakterisieren und andere als unrealistisch und utopisch abzutun. Die diskursive Macht dieser Argumente übertrifft bei weitem das reale Ausmaß der Globalisierungsfolgen für nationalstaatliche Politik.
Das dynamische Zusammenspiel dieser beiden Dimensionen in der Politik hat dem Globalisierungsparadigma seine disziplinierende Macht verliehen. Aber in den letzten 2-3 Jahren scheint die Hegemonie dieses Paradigmas ins Wanken zu geraten. Ausdruck dafür ist die Kommentierung des G8-Gipfel in Genua durch den Spiegel (30/2001): "Eine neue, erstmals wirklich internationale Protestgeneration heizt Politikern und Konzernchefs ein – und zwar zu Recht. Die globale Weltwirtschaft, mächtig und krisenanfällig zugleich, braucht neue Spielregeln." Dieser neuen globalen sozialen Bewegung ist es gelungen, eine Kritik der Globalisierung in die Öffentlichkeit zu tragen und dem Globalisierungsprozess vom Anschein der Alternativlosigkeit zu befreien. Die wichtigste Organisation innerhalb dieser breiten Bewegung ist Attac. Felix Kolb, Pressesprecher dieser Organisation, wird den Beitrag, die Rolle und die zukünftigen Aufgaben von Attac bei der Durchsetzung von politischen Alternativen analysieren.
06.11.2000
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Es liegt in der Logik des Siegeszuges des Neoliberalismus, dass auch das Gewaltmonopol des Staates zu bröckeln beginnt. So ist seit Ende der Bipolarität eine zunehmende Privatisierung der Gewalt nicht nur im innerstaatlichen Bereich, sondern auch auf internationaler Ebene festzustellen: Nicht nur multinationale Konzerne lassen ihre Interessen durch private Sicherheitsdienste schützen, sondern auch Regierungen und Rebellengruppen bedienen sich in zunehmendem Maße privater Kriegsführungsfirmen, die präzise umrissenen Aufträge durchführen. Die Bezahlung erfolgt oft durch das Abtreten wichtiger, exportorientierter Sektoren der Ökonomie, was wiederum zu weiterer Einschränkung staatlicher Souveränität führt und so den Prozess des Staatszerfalls fördert. Als private Firmen sind diese Unternehmen weder an völkerrechtliche noch an kriegsvölkerrechtliche Konventionen gebunden. Als profitorientierte Unternehmen stehen sie in hartem Konkurrenzkampf. Manche dieser Firmen können aber auch als Subunternehmen staatlicher Instanzen gesehen werden, die Kriegführung unterhalb der formalen zwischenstaatlichen Ebene ermöglichen. Genau hier sind sie ideale Instrumente zur Sicherung der Interessen (Rohstoffe, Transportwege, politische Systeme) privater Unternehmen, aber auch staatlicher und parastaatlicher Instanzen. Läutet diese Entwicklung das Ende jenes Internationalen Systems ein, das seit dem Westfälischen Frieden die zwischenstaatlichen Beziehungen regierte?