Interdisziplinäres Seminar zu Ökologie und Zukunftssicherung im Sommersemester 2003
gemeinsam mit dem Zentrum für Konfliktforschung
05.05.2003
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Die Folien des Vortrags von Priv. Doz. Dr. Johannes M. Becker finden Sie hier:
irak.pdf
(81 kB)
Immer deutlicher wird der 11. September 2001 zum Wendepunkt der internationalen Sicherheitspolitik. Die US-Regierung Bush nutzt die Terrorangriffe als Aufbruchssignal zu einer ungekannten Aufrüstungswelle und zu einer ungezügelten weltweiten Interventionspolitik. Hierbei setzt sie sich über nationales wie internationales Recht hinweg, setzt kleinere Staaten unter Druck, intrigiert, spaltet, wie es ihr passt, verbreitet Falschmeldungen u.v.m.
Nach dem wenig erfolgreichen „Kampf gegen den internationalen Terrorismus" in Afghanistan ist nun – so scheint es – der Krieg gegen den Irak auf der Agenda der "permanenten Intervention" der USA "abgearbeitet" worden.
Was muss diskutiert werden?
19.05.2003
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Die "Violencia", die Kolumbien seit Jahrzehnten erschüttert, hat alte Wurzeln bis in die koloniale und nachkoloniale Geschichte des Landes hinein. In den letzten Jahren wurden die internen Widersprueche und Konfliktursachen durch Interventionen und Einflüsse von Außen ungeheuer angeheizt. Seit drei Jahren tobt in Kolumbien ein Krieg, der in der Öffentlichkeit, außer bei wenigen Interessierten, kaum Beachtung gefunden hat, trotz der Dimension des Konfliktes, den hundertausenden Toten und den mindesten zwei Millionen Kriegsflüchtlingen, die im Lande zwischen den Fronten herumirren oder verzweifelt versuchen, sich über die Grenzen abzusetzen.
Die Akteure in dem Drama haben sehr unterschiedliches Gewicht, auch in der Darstellung gegenüber der dafür ohnehin nur bedingt interessierten und oft informations-manipulierten Öffentlichkeit. Diejenigen, auf deren Rücken sich das Ganze abspielt, die Opfer, haben gar keine Öffentlichkeit.
Der Hauptakteur in dem Konflikt sind die USA. Sie haben den ursprünglichen kolumbianischen Entwicklungsplan "Plan Colombia" zu einem "Anti-Drogen-Krieg" gemacht, letzlich zu einem Krieg gegen die kolumbianische Landbevölkerung.
Der komplexen Gemengelage der Interessen aller Akteure, der nationalen und der ausländischen, also allen voran der USA, werden monokausale Erklärungen nicht gerecht. So geht es auf Seiten der USA natürlich auch um Drogen, aber nicht nur darum, sondern natürlich auch um Erdöl, um Hegemonialansprüche im erweiterten "US-Hinterhof", um konkrete wirtschaftliche Interessen derer, die am Geschäft mit Kriegsmaterial und Chemikalien gut verdienen, um Interessen des international verflochtenen agroindustriellen Komplexes und um die gigantischen Gewinne aus dem Drogengeschäft mit ihrem korrumpierenden Potential für alle Seiten und auf allen Ebenen.
Die Verlierer, die Opfer sind die kolumbianischen Kleinbauern, Landlosen und Indigenen, deren Leiden der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind, die kein Sprachrohr und keine Interessenvertretung haben. Wie sieht es auf deren Seite aus? Was können wir, was müssen wir im Alten Europa tun, wie können wir helfen, was können wir beitragen, um Fehlentwicklungen zu beeinflussen, damit Niedrigniveau-Konflikte nicht zu Flächenbränden wie im Irak werden?
19.05.2003
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Die Debatte über das Einwanderungsland Deutschland ist getragen von einigen Lebenslügen der alten Bundesrepublik, die mit der deutschen Einigung im gesamtdeutschen Zusammenhang angekommen sind. War diese Debatte in den 80er bis Mitte/Ende der 90er Jahre im wesentlichen geprägt von Auseinandersetzung zwischen "Rechts" und "Links", sei es im Zusammenhang der Flüchtlings- und Asylpolitik oder in der Frage der "doppelten Staatsangehörigkeit", so steht seit Ende der 90er Jahre der wirtschafts- und bevölkerungspolitische Aspekt zumindest gleichrangig daneben und versprach eine Entideologisierung der Diskussion. Die politische Debatte, ihre parteipolitische Instrumentalisierung, schien angesichts der wirtschafts- und bevölkerungspolitischen Ausweitung zunächst eher geringer zu werden. Gleichwohl scheinen die alten Frontverläufe immer wieder auf.
Die Skizze dieser Debatte wird geführt vor dem Hintergrund starker fremdenfeindlicher bzw. rassistischer Einstellungen und Übergriffe in den neuen Bundesländern. Der Appell für eine humanitäre Flüchtlings- und eine rationale Zuwanderungspolitik, der vorgetragen wird, muss dabei die Verschiedenheit der Migration in den alten und neuen Bundesländern beachten, um seine Anschlussfähigkeit an die politischen Diskurse nicht von Anfang an zu zerstören.
19.05.2003
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Eine Begegnung von Kulturen ist nicht zwangsläufig ein "Konflikt der Kulturen" oder gar ein "Kampf der Kulturen". Dennoch und nicht zufällig wurde diese Annahme zumindest für das Verhältnis zwischen "dem (christlichen) Westen" und "der islamischen Welt" in zeitlicher Nähe zum Ende des Kalten Krieges sehr populär und wurde seit dem 11. September 2001 fast zum gesellschaftlichen Grundkonsens.
Islamische Religion wurde in den letzten Jahren zweifellos für viele Menschen zum Kristallisationspunkt ihres kulturellen und z.T. auch politischen Selbstverständnisses – doch warum wurde daraus "ein Mythos der Konfrontation"? Und warum werden politische (auch religiös begründete ) Phänomene im Westen als rationale Auseinandersetzung verstanden während "Islamismus" nur durch Irrationalität und Fanatismus "erklärt" wird?
Warum ist diese ideologische (Neu-)Aufteilung der Welt so erfolgreich? Wem nützt diese Aufteilung? Wie spiegelt sie sich in den Strategien der USA aber auch Deutschlands? Mit welchen Mechanismen werden die Feindbilder konstruiert und instrumentalisiert?
30.06.2003
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Das neoliberale Wirtschaftsmodell und die formellen Demokratien, die mittlerweile seit ca. 15 oder 20 Jahren in fast allen Ländern Lateinamerikas prägend geworden waren, haben überwiegend enttäuschende Resultate hervorgebracht:
Zusammenbrüche (Argentinien) oder Stagnation der Wirtschaft (Ekuador, Brasilien, Uruguay etc.), die Erhöhung der öffentlichen Unsicherheit und Kriminalität, die Ineffizienz von Parteien, Justiz, Polizei etc. haben teilweise zu einer verbreiteten Politikverdrossenheit, teilweise aber auch zu einem neuen Oppositionsgeist und politischer Mobilisierung geführt. In nicht wenigen Ländern wird ein neuer Aufschwung sozialer Bewegungen registriert, auch Wahlsiege von linken Parteienbündnissen sind zu beobachten (Venezuela, Brasilien, Ekuador). In anderen Ländern (Uruguay, Bolivien) können ähnliche Entwicklungen eintreten.
Werden diese Tendenzen zu einer Linkswende? Welche Handlungsmöglichkeiten haben unter gegenwärtigen Bedingungen solche Regierungen, die ausdrücklich angetreten sind, die Interessen breiter Bevölkerungskreise zu vertreten?
14.07.2003
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´Nachhaltigkeit´ist schon fast wieder als motivierende Orientierungshilfe verbraucht – sozusagen an den Strukturen gescheitert. Bevor der nächste Container-Begriff erfunden wird und ein ähnliches Schicksal erleidet, sollte genauer überlegt werden, nach welchen D i m e n s i o n e n solch eine Kategorie aufgeschlüsselt werden kann.
Das ist wichtig für das Alltagshandeln der Menschen, für eine glaubwürdige Politik und – das wird der Schwerpunkt der Ausführungen sein – für eine bildungstheoretische Grundlegung und für die Anleitung langfristiger und möglichst wirkungsvoller Lern- und Reflexionsprozesse in der Schule, in Umweltbildungszentren und in der Ausbildung von Bildungsarbeiter/innen der Universität.