Interdisziplinäres Seminar zu Ökologie und Zukunftssicherung im Sommersemester 2005
gemeinsam mit dem Zentrum für Konfliktforschung
18.04.2005
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02.05.2005
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Die Entwicklung der Städte ist einerseits weiterhin expansiv in den Ländern der Dritten Welt, im Osten und Teilen des Nordens von Deutschland dagegen finden Rückbausymposien statt. Ein nicht steuerbarer Bevölkerungsanstieg gestaltet Städte wie Mexico-City, der Abbruch ganzer Plattenbausiedlungen in den Neuen Bundesländern ist die deutsche Antwort auf den prognostizierten Bevölkerungsrückgang bis zum Jahre 2020. Waren Bevölkerungsverluste sonst vor allem in Kriegszeiten oder bei Hungersnöten zu beklagen, geschieht dies zum ersten Male auch in Friedenszeiten bei Wohlstand auf hohem Niveau. Die in der Nachhaltigkeitsdebatte eingeforderte Rückgewinnung der Stadt durch Mischung der Funktionen Wohnen, Arbeiten und Freizeit, der Stadt der kurzen Wege mit reduziertem Verkehrsaufkommen gewinnt mit einem Male hohe Aktualität und könnte zum Leitbild der Stadt der Zukunft werden. Die Besinnung auf den Stadtkern oder das Kiezzentrum zeigt die Sehnsucht der Menschen nach Unverwechselbarkeit und Leitbildern. Welche Menschenmassen eine Stadt aufnehmen kann und wie sie sie aufnimmt, konnte gerade in Rom anläßlich der Papstwahl beobachtet werden.
Die gated community, die gut bewachte Stadt z.B. südafrikanischer Prägung, entspricht in keiner Weise der Tradition der europäischen Stadt und dem damit verbundenen Freiheitsbegriff. Aber: auch in der Bundesrepublik gibt es schon bewachte Bereiche, die nicht mehr allen Bürgern zugänglich sind.
In keinem anderen Land der Welt ist in den letzten Jahrzehnten so viel gebaut worden, haben neue Architekturen die Städte geprägt, waren Architekten aus aller Welt beschäftigt wie in Deutschland. Auch hier werden wir das Thema wechseln, werden Rückbau und Umbau, Sanierung und Modernisierung neue Antworten der Architekten erfordern. Wie aber werden wir in Zukunft wohnen und wo? Auf dem Lande oder in der Stadt?
23.05.2005
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Seit der kubanischen Revolution war Lateinamerika für die wissenschaftliche und politische Orientierung einer kritischen Intelligenz von großer Bedeutung. Die sozialen Zustände des Subkontinents galten als exemplarisch für die Ausbeutung der Dritten Welt, und das wiederholte Eingreifen der USA gegen Befreiungsbewegungen und progressive Regime ließen sie als Hauptmacht einer weltweiten Konterrevolution in Erscheinung treten.
Parteiname für die kubanische Revolution, für die chilenische Unidad Popular und gegen Pinochet, für die Sandinisten und gegen die von den USA ins Leben gerufenen Contra galten als selbstverständlich. Und der wirtschaftliche Zusammenbruch Argentiniens war ein Lehrstück für das Schicksal eines Landes der Dritten Welt, das unter dem Diktat des Internationalen Währungsfonds die Rezepte neoliberaler Strukturpolitik befolgt.
Mit der Wahl des Metallarbeiterführers Lula zum Präsidenten des größten Landes des Subkontinents schien sich das Blatt zu wenden. Aber während den großen Erwartungen in Brasilien bald Ernüchterung und Enttäuschung folgten, verkündete der mit großer Mehrheit gewählte Präsident Hugo Chavez eine bolivarianische Revolution, die nicht nur in Venezuela die Massen der Ausgebeuteten und Unterdrückten zu Herren ihrer eigenen Geschichte machen soll. An Chavez scheiden sich die Geister: während viele Intellektuelle Venzuelas in ihrem Präsidenten nur einen Caudillo an der Spitze eines ineffizienten und teilweise korrupten Regimes sehen, setzen andere auf den Prozess der bolivarianischen Revolution als Weg zu einem Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Eine Auseinandersetzung mit dem heutigen Venezuela lenkt den Blick auf viele der ungelösten Probleme Lateinamerikas.
06.06.2005
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Die Folien des Vortrages finden Sie hier:
rechtvswohlstand.pdf
(74 kB)
Der Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) entwickelt in seiner Rechtsphilosophie und politischen Philosophie eine Antwort auf die Frage, wie Menschen als politische Subjekte ihre Zukunft gestalten sollten, die auch im Zeitalter der Globalisierung nichts von ihrer Aktualität verloren zu haben scheint.
Diese Einschätzung gründet dabei weniger auf der Überzeugung, dass wir der Kantischen Philosophie eine konkrete Anleitung für unser heutiges politisches Handeln und für die Lösung unserer Probleme von morgen entnehmen können. Schließlich war Kant ein Philosoph des 18. und nicht des 21. Jahrhunderts und hatte somit keinen Anlass, über nachhaltige Entwicklung und verbrauchende Embryonenforschung, über Massenarbeitslosigkeit und Demokratie im Zeitalter der Massenmedien nachzudenken. Vielmehr beruht diese Einschätzung auf der Ansicht, dass Kants Philosophie mit ihrer Betonung des Rechts als dem Schlüssel zu Frieden und Wohlstand das systematische Potential besitzt, perspektivisch Antworten auf unsere drängenden Zukunftsfragen zu geben.
Der Vortrag beschäftigt sich mit diesem systematischen Potential und diskutiert am Beispiel von Jürgen Habermas Konzeption einer Weltinnenpolitik ohne Weltregierung einen neueren Versuch, das Kantische Projekt zu vollenden.
20.06.2005
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Die Initiative Global Marshall Plan wird von einer Gruppe von Nichtregierungsorganisationen, Vertretern der Politik und der Wirtschaft getragen. Sie zielt auf die Umsetzung der Millenniumsziele der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2015 und ist eingebettet in die langfristige Zielsetzung einer weltweiten Ökosozialen Marktwirtschaft als Alternative zum heutigen marktradikalen Modell vermeintlich freier Märkte.
Der Ansatz kombiniert ein neues institutionelles Design mit neuen Finanzierungsinstrumenten und Umsetzungsmethoden. Erwartet wird einerseits eine Überwindung der Armut und ein Weltwirtschaftswunder, andererseits besteht die Hoffnung auf mehr Frieden und eine nachhaltige Entwicklung.
04.07.2005
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"Chinas Aufstieg" ist ein Thema unserer Zeit. Für 2020/25 erwarten viele westliche, chinesische und auch russische Prognosen eine "Weltwirtschaftsmacht China": einen "noch konkurrenzfähigeren Produktionsstandort mit niedrigen Kosten und gut ausgebildeten Arbeitskräften" (Siackhachanh: China 2020. 2002); "the world's second largest exporter and importer" (World Bank: China 2020. 1997) usw. Welches Leitkonzept die chinesische Führung selbst für die Zukunfts-Entwicklung ihres Landes entworfen hat, findet in der westlichen Literatur bisher hingegen nur geringe Beachtung.
"Weltgesellschaft als chinesische Vision" kann als eine Dimension dieses Konzeptes verstanden werden. Es schließt, chinesischen Texten zufolge, "Chinas Entwicklung im 21. Jahrhundert und ihr Beitrag für die Menschheit" ebenso ein wie die Interaktionen zwischen chinesischer Kultur und Globalisierung, "Konfuzius-Gedankengut und Weltfriede", das aufstrebende China als (sozialistisches) Modell für die Welt u.ä.m. Welche Bedeutung solchen Konstrukten und Projektionen zuzumessen ist, bleibt zu diskutieren.
11.07.2005
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Das Skript des Vortrages finden Sie hier:
perspektiven.pdf
(72 kB)
Was sind die zentralen Ziele der Politik: Wirtschaftswachstum, Lebensqualität oder Nachhaltigkeit? Wirtschaftswachstum, lautet heute wie vor 30 Jahren die vorschnelle Antwort. Doch taugt sie weder für die Gegenwart, noch trägt sie für die Zukunft.
Heute ist hinreichend bekannt, dass unsere Produktion und unser Konsum globale Folgen haben: Abbau der Ozonschicht, Klimawandel, Artensterben, Erosion und Versalzung der Böden, Wüstenbildung, Mangel an sauberem Trinkwasser. Die Politik des Vorrangs für Wachstum kommt ohne Argumente aus. Eine Zahl genügt ihren Verfechtern: Über fünf Millionen Arbeitslose!
Gestritten wird nur darüber, mit welchen Rezepten man Wachstum ankurbeln kann. Vergessen sind die Vorsätze zu finanzieller Nachhaltigkeit, um künftigen Generationen nicht noch höhere Schuldenberge zu hinterlassen; verdrängt die Verpflichtung zur Vorsorge, etwa durch eine Reform des EU-Chemikaliengesetzes; verbaut das Bekenntnis zu ökologischer Nachhaltigkeit auf den Betonpisten immer größerer Flughäfen und überflüssiger Autobahnen.
Mit der Studie "Zukunftsfähiges Deutschland" hat der BUND 1994 dargelegt,
was eine nachhaltige Entwicklung für die Bundesrepublik bedeutet.